Wie relevant ist der Papierverbrauch für die CO2-Bilanz im Rechnungswesen? Und wie ist der aktuelle Status im Bereich Request-to-Pay? In unserem mehrteiligen Blogbeitrag Sustainable Payments beleuchten wir verschiedene Aspekte eines umfassenden Umbaus. Unter anderem informieren wir darüber, welche neue Anforderungen ab 2023 gelten (Artikel 1), welche CO2-Werte die verschiedenen Bezahlsysteme aufweisen (Artikel 2) und wie weit die Entwicklung von Request-to-Pay vorangeschritten ist (vorliegender Artikel).

Hoher Papierverbrauch im Rechnungswesen

Papier spielt bei der Abwicklung von Zahlungen noch immer eine große Rolle: Laut dem Verband der Informations- und Telekommunikationsbranche, Bitkom, stellen bis heute nur vier von zehn Unternehmen ihre Rechnungen digital1. Die Quote im Bescheid- und Mahnwesen der öffentlichen Verwaltung dürfte schätzungsweise sogar noch höher ausfallen. Dabei werden papierlose Zahlungs-Systeme wie Request-to-Pay (RtP) nicht nur vom European Payments Council gefordert – sie haben auch das Potenzial, analoge Rechnungsprozesse erfolgreich abzulösen und damit die Umwelt zu entlasten2.

Im Banking-Business trotz EU-Vorgaben noch nicht angekommen: RtP

Die Zahlungsabwicklung im Innenverhältnis der Banken mit RtP bietet interessante Einspar-Potenziale: Bei dem neuen Verfahren werden Zahlungsanfragen und Belege vollständig digital zwischen Zahler- und Empfängerbank übermittelt, die Ausgabe von Rechnungen und Bescheiden in Papierform und damit alle mit der Papierproduktion verbundenen CO2-Emissionen entfallen. Ein zusätzlicher Vorteil besteht darin, dass das gesamte Modell effizienter ist als die vergleichsweise komplexen Bezahlvorgänge im Vier-Parteien-Modell der Kreditkarten. Dennoch positionieren sich Banken und Institute derzeit eher zurückhaltend: Während die ersten Erfolgsstorys im europäischen Ausland geschrieben werden, zögern Institute in Deutschland aufgrund der fehlenden „kritischen Masse“ eine Investition in den RtP gegenwärtig heraus. Scheinbar liegt es an den Geschäftskunden und der öffentlichen Hand, mit entsprechenden Forderungen ein Geschäftspotenzial zu signalisieren und den Markt in Bewegung zu bringen.

Im Handel selten genutzt: digitale Kassenbelege

Die umgangssprachlich als „Bonpflicht“ bekannte Gesetzgebung verpflichtet Gewerbetreibende, selbst kleinste und digitale Transaktionen durch Belege zu dokumentieren. Auch diese Kassenbelege werden heute noch weitgehend in Papierform ausgegeben. Neue Ansätze zur Digitalisierung haben sich bisher nicht im Massenmarkt durchsetzen können – da sie entweder eine De-Anonymisierung der Kundinnen und Kunden über eine App (z. B. Lidl Pay, Payback Pay) benötigen oder den Scan eines QR-Codes an der Kasse erforderlich machen.

Dabei wären gerade die Einsparungen in diesem Bereich enorm. Laut des Dienstleisters AnyBill3 ließen sich durch die Digitalisierung aller Kassenbelege im Einzelhandel über 30.000 Tonnen Papier einsparen – mit allen positiven Effekten, die sich hieraus ergeben: weniger für die Papierproduktion abgeholzte Wälder, weniger Emissionen durch die Herstellung und den Transport von Papier und zuletzt auch weniger Abfall, da zumindest Thermopapier über den Restmüll entsorgt werden muss und nicht zurück in den Kreislauf gelangt.

Erste Fortschritte im Markt: bei Kartenzahlungen

Erfolge zeigen dagegen die Initiativen für mehr Kartenakzeptanz auf Mobiltelefonen. Unter Bezeichnungen wie mPOS oder SoftPOS konnten so weitere Akzeptanzstellen für bargeldlose Transaktionen geschaffen werden. Darüber hinaus macht es die Entwicklung möglich, die Produktion von Kartenlesegeräten durch den Einsatz von Smartphones zu reduzieren, die bereits genutzt werden.

Da das Material der Karte für eine Transaktion mit Girocard, Kreditkarten oder anderer Schemes unerheblich ist – solange es nur eine kontaktlose Zahlung ermöglicht – wäre es nun an der Zeit, auch in diesem Bereich neue Wege zu gehen. Vereinzelt setzen Institute, die sich besonders der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen, bei der Produktion von Bezahlkarten schon auf Holz oder Recycling-Material.

Darüber hinaus wären weitere Maßnahmen denkbar: Könnten von Karten-(Interchange)- Gebühren nicht zum Beispiel Bäume gepflanzt und diese zur Produktion von Bezahlkarten genutzt werden? Möglicherweise würde eine solche Vorgehensweise auch den Forderungen der EU nach einer verbesserten Kreislaufwirtschaft entsprechen.

Das Tempo zieht an

Sicher ist auf jeden Fall eines: Der Wandel muss noch schneller verlaufen und nicht nur von CSR-Abteilungen betrieben und vom Marketing postuliert werden. Stattdessen sind echte Innovationen und die konsequente Optimierung von Produkten, Materialen und Lieferketten erforderlich. Denn funktioniert der Umbau der Wirtschaft nicht in eigenem Antrieb, zeigen die EU-Taxonomie und weitere Gesetze sehr anschaulich, mit welchen Eingriffen der Regulierungsbehörden in Zukunft noch zu rechnen ist.

 


1 https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Elektronische-Rechnungen-in-der-Breite
2 https://www.europeanpaymentscouncil.eu/document-library/rulebooks/sepa-request-pay-srtp-scheme-rulebook
3 https://anybill.de/post/kassenbon-mull-im-deutschen-einzelhandel